Interview mit Magirus Lohr-Geschäftsführer Christian Reisl bezüglich der wechselnden Besitzverhältnisse bei Magirus.
BLAULICHT: Herr GF Reisl, hatten Sie schon Kontakt mit den künftigen Besitzern von Magirus? GF CHRISTIAN REISL: Ja, zwei Vertreter der Mutares SE & Co. KGaA waren unlängst hier. Auch Magirus-Ulm-Geschäftsführer Thomas Hilse war zeitgleich hier, und wir konnten interessante Gespräche über die Zukunft des Konzerns, insbesondere von Magirus Lohr hier in Premstätten, führen.
Wie sehen die nächsten Schritte rund um diesen Deal aus?
CR: Vorerst wird die EU-Wettbewerbsbehörde die Übernahme prüfen. Wir gehen aber davon aus, dass es keine Probleme geben wird, weil die Mutares SE & Co.KGaA bisher noch nie in der Feuerwehrbranche tätig war und auch mit keinen anderen Feuerwehrfahrzeugproduzenten in Kontakt steht. Daher sollte die Übernahmen mit 1. Jänner 2025 klappen.
Hat es bereits Gespräche über künftige Strategien gegeben oder gibt es bereits einen Masterplan?
CR: Ja, natürlich! Und es gibt auch schon einen Masterplan. Einerseits haben wir im Werk hier in Premstätten intern schon in der Vergangenheit bereits mit Restrukturierungsmaßnahmen begonnen. Andererseits haben auch die Vertreter der Mutares SE & Co. KGaA ihre Vorstellungen für die Zukunft präsentiert.
Wie sehen diese aus?
CR: Nun, alle Details kann ich Ihnen hier, wie Sie sicherlich verstehen werden, aus strategischen Gründen nicht präsentieren. So viel kann ich aber sagen: Der Magirus-Konzern und natürlich auch Magirus Lohr werden hier in Österreich eine neue Offensive starten. Dies soll mithelfen, den Umsatz zu steigern. Auch im Ausland bzw. international werden wir neue Akzente setzen, und zwar nicht nur von Ulm aus, sonder auch hier in Premstätten.
Wie soll dies funktionieren?
CR: Wie Sie ja wahrscheinlich wissen, hat Magirus Lohr innerhalb der letzten zehn Jahre beispielsweise die Nachbarländer Schweiz, Südtirol, Slowenien und Kroatien verkaufs- und servicemäßig betreut bzw. Netzwerke sowie Vertriebspartner aufgebaut. Dies werden wir noch verstärken. Aber künftig möchten wir nicht nur diese Nachbarländer ansprechen, sondern auch international breiter tätig werden.
Die letzten Jahre war Magirus finanziell nicht erfolgreich, es wurden Verluste geschrieben. Glauben Sie, dass Sie das Ruder nur durch neue Marktstrategien herumreißen können?
CR: Nein, es ist ja klar, dass wir auch kaufmännisch neue Akzente setzen müssen. Unser CEO Geschäftsführer Thomas Hilse aus Ulm hat in einer Pressekonferenz schon die Gründe erläutert, warum es zu den angesprochenen Verlusten gekommen war. Wir hatten sowohl in Ulm als auch in Premstätten volle Auftragsbücher. Doch diese Ausschreibungen wurden seinerzeit über Festpreise kalkuliert, was bisher so Tradition im Feuerwehrwesen war. Seit der Corona-Pandemie und dem Beginn des Ukraine-Kriegs ist die Inflation in die Höhe geschossen. Somit mussten wir in den letzten zwei Jahren und auch in diesem Jahr Aufträge produzieren, die vor dem Ukraine-Krieg und vor der Inflationserhöhung kalkuliert worden sind. Die Preise für Fahrgestelle und andere Waren, die wir für die Produktion benötigen, sind innerhalb kürzester Zeit bis zu vier Mal erhöht worden. Wir hatten bisher keine Preisgleitklausel, konnten aber mit unseren Partnern, insbesondere mit der BBG, eine außerordentliche Preisanpassung durchführen. Positive Effekte diesbezüglich werden sich aber erst heuer bzw. nächstes Jahr einstellen.
Bedeutet dies, dass die bisherige Festpreispolitik Geschichte ist?
CR: Tja, leider wird es so sein. In der Baubranche ist es ja beispielsweise schon länger üblich, dass Bauherren mit Preisanpassungen rechnen müssen. Kein Unternehmen, das wirtschaftlich erfolgreich sein will kann langfristig seine Produkte unter den Gestehungskosten anbieten.
Das bedeutet, dass auf die Feuerwehren und ihre Gemeinden härtere Zeiten zukommen?
CR: Was das Finanzielle anbelangt: mit Sicherheit. Wie vorhin schon erwähnt: Der dramatische Preisanstieg bei den Rohprodukten muss natürlich kompensiert werden. Wir können alle nur hoffen, dass sich die Inflation mittelfristig wieder auf einem vernünftigen Level einpendeln wird. Auf der anderen Seite ist Österreich das Feuerwehrland Europas Nummer eins. Unsere Feuerwehren sind Qualität bei ihrer Ausrüstung auf höchstem Niveau gewohnt. Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass unsere heimischen Feuerwehren ihre Feuerwehreinsatzfahrzeuge künftig in Billiglohnländern, wie beispielweise der Türkei, ordern werden. Aber vielleicht wird man ja künftig darüber nachdenken, ob unsere Florianijünger vielleicht beim Einsatzspektrum das eine oder andere reduzieren werden. Eben dieses Einsatzspektrum und was unsere Feuerwehrleute immer wieder leisten, ist ebenfalls höchtes Niveau.
Gibt es noch andere Einsparmöglichkeiten?
CR: Künftig haben wir beim Einkauf der Fahrgestelle mehr Möglichkeiten. Wir sind nun breiter aufgestellt. Einerseits haben wir immer noch die bisherigen guten Verträge mit IVECO. Auf der anderen Seite können wir vielleicht bezüglich der anderen Fahrgestell-Firmen neue Wege gehen und bessere Verträge aushandeln.
Wird die Elektromobilität bei Magirus– bzw. Magirus Lohr-Fahrzeugen zukünftig eine Rolle spielen?
CR: In absehbarer Zeit wohl eher nicht. Sie wissen ja sicher, dass einer unserer Mitbewerber dieses Thema auf seine Agenda geschrieben hat. Als langjähriger Feuerwehrmann sehe ich dies nicht so sinnvoll, da bei längeren Einsätzen nur ein Range-Extender auf Verbrenner-Basis den erfolgreichen Einsatz garantieren kann. Sieht man sich die Preise an, können sich solche Fahrzeuge sowieso nur extrem große Berufsfeuerwehren leisten. Und auch die Einsatzpläne dieser Berufsfeuerwehren sehen parallel begleitend fast immer ein konventionelles HLF als Redundanz vor. Und im womöglich tagelangen Katastropheneinsatz sehe ich eher nur Nachteile als Vorteile bei dieser Technologie. Als sinnvolle Ergänzung sehe ich hier eher noch den Einsatz bei den Kompaktfahrzeugen. Auf den letzten großen Feuerwehrmessen hatten wir ja einen solchen Prototyp vorgestellt.
Kommen wir noch einmal auf den eingangs erwähnten Masterplan zu sprechen. Können Sie dazu noch einige Details ausführen?
CR: Wie vorhin schon erwähnt, zuerst muss die EU-Wettbewerbsbehörde für die Übernahme grünes Licht geben. Das ist die Voraussetzung für alle die bereits angesprochenen Strategien, die wir umsetzen möchten. Im Gespräch mit unseren deutschen Gästen wurde auch angedacht, sofern wir einen Teil unserer Pläne umsetzen können, unsere Produktionskapazitäten zu erweitern, was auch eine Aufstockung des Personals bedeuten würde.
Das klingt alles sehr optimistisch.
CR: Ja, Sie haben recht. Die künftigen Besitzer haben es binnen kürzester Zeit geschafft, die ohnedies positive Stimmung sowohl bei der Belegschaft als auch bei unseren Führungskräften zu steigern.
Was können Sie uns sonst noch Interessantes berichten?
CR: Im heurigen September feiert der Konzern in Ulm 160 Jahre Magirus und 200 Jahre Conrad Dietrich Magirus. Das wird ein großes Fest, bei dem auch neue Konzepte unseres Konzerns publiziert werden.
Herr Geschäftsführer Reisl, danke für das Gespräch!